BIO-CRIME – grenzüberschreitende Bekämpfung des illegalen Heimtierhandels

Trophäe, Innovations- und Forschungspreis
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16. Februar 2022
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BIO-CRIME – grenzüberschreitende Bekämpfung des illegalen Heimtierhandels

Infobox

Projektleitung:

Regione autonoma Friuli Venezia Giulia – Servizio sanità pubblica veterinaria

Programm: Interreg VA Programm Österreich-Italien

Projektpartner:

  • Area di Ricerca scientifica e tecnologica di Trieste – Area Science Park
  • Amt der Kärntner Landesregierung, Abteilung 5 Sachgebiet Tierschutz und -kontrollen
  • Istituto Zooprofilattico Sperimentale delle Venezie

Projektlaufzeit: 02|2017 bis 06|2022
Projektbudget gesamt: 1.117.300,00 EUR (davon EFRE Finanzierung: 949.705,00 EUR)
Projektbudget Amt der Kärntner Landesregierung, Abteilung 5 Sachgebiet Tierschutz und -kontrollen: 360.500,00 EUR (davon EFRE-Finanzierung: 306.435,00 EUR)

»BIO-CRIME« ist eines von vielen Projekten, die von der EU gefördert werden. Wir haben bei einem Projektpartner nachgefragt, was seine Erfahrungen und Erkenntnisse aus dem Projekt sind.
Frau Dr. Marie-Christin Rossmann, Amtstierärztin im Land Kärnten hat als Projektleiterin unsere Fragen beantwortet.

 

Was sind die Projektziele und wurden alle erwarteten Projektergebnisse bereits erreicht?

Das Interreg Projekt BIO-CRIME strebt die Bekämpfung des illegalen Heimtierhandels an. Der Handel mit Heimtieren beinhaltet die Gefahr des Einschleppens und Übertragens von Krankheiten, einerseits auf andere Tiere und andererseits auf den Menschen – als Zoonosen, die ca. 60% der Erkrankungen des Menschen ausmachen. Illegale Tiertransporte finden hauptsächlich auf der Route von Osteuropa oder den östlichen Drittstaaten nach Europa statt und haben das Ziel, gewinnbringend unterschiedliche Heimtiere in die Transit- und Zielländer Friaul Julisch Venetien und Kärnten zu bringen. Die dabei erzielten Gewinne belaufen sich in Größenordnungen ähnlich dem Drogenhandel.

Aus diesem Grund war ein Hauptziel des Projektes ein Bewusstsein auf Behördenebene zu entwickeln, die Ausbildung der Exekutivorgane zu erweitern und grenzübergreifende Kooperationen zwischen verschiedenen Stakeholdern zu stärken. BIO-CRIME Kurse wurden ins Leben gerufen, um theoretisches und praktisches Wissen über die Zoonosen und Gesundheitsgefahren zu vermitteln und den Umgang mit beschlagnahmten Tieren zu verbessern. Dazu wurden gemeinsame Arbeitsprotokolle und epidemische Überwachungsprogramme zu den beschlagnahmten Tieren entwickelt und unter Einbeziehung von italienischen und österreichischen Laboren gemeinsame Zoll- und Polizei-Grenzkontrollen eingeführt.

Um dem Heimtierhandel langfristig effektiv vorzubeugen, aber auch konkrete Lösungen für die Behandlung betroffener Tiere anzubieten, wurde durch das Projekt ein eigenes BIO-CRIME Center errichtet und Quarantäneeinheiten angeschafft. Im BIO-CRIME Center, am Grenzübergang Thörl Maglern, treffen sich regelmäßig italienische und österreichische Projektpartner, sowie Kooperationspartner der Euregio »Senza Confini« und weitere zuständige Behörden zur Verbesserung der Präventiv- und Strafmaßnahmen, aber auch zur langfristigen Weiterentwicklung des initiierten grenzüberschreitenden Netzwerkes. Die Quarantäneeinheiten werden dazu genutzt, beschlagnahmte und seuchenverdächtige Tiere zu behandeln. Die in Kärnten stehende Einheit kann sogar als mobile Einheit zur Unterstützung anderer Bundesländer verwendet werden.

In einem speziell für Schulen entwickelten Informationsprogramm und einhergehenden Unterrichtseinheiten in Italien, Österreich, Deutschland, Mauritius, Malta und sogar in Japan konnten Schülerinnen und Schüler über das richtige Verhalten hinsichtlich der Anschaffung von Heimtieren, der Gefahren von Zoonosen und des Umgangs mit dem illegalen Tierhandel aufgeklärt werden. Auf Basis eines dafür ausgearbeiteten wissenschaftlich untermauerten Fragenkatalogs konnte dazu eine qualitativ aussagekräftige Studie zum Wissen der Schüler durchgeführt werden, deren Ergebnisse in zahlreichen Publikationen und in wissenschaftlichen Fachzeitschriften verbreitet wurden.

 

Was hat Sie überhaupt dazu bewogen, ein grenzüberschreitendes Projekt umzusetzen?

Es bestand ein klarer Auftrag der Leitung der damaligen Einheit des Amtes der Kärntner Landesregierung für Tierschutz und –kontrollen. Meine fachlichen Schwerpunkte auf Tierseuchenbekämpfung und Tierschutz und die Fremdsprachenkenntnisse waren damals ausschlaggebend, das Projekt mit dem Lead Partner, der veterinärmedizinischen Hygieneabteilung der Region Friaul Julisch Venetien in Triest umzusetzen. Der illegale Tierhandel und die begleitenden Gefahren der Zoonosen waren und sind hochaktuell und erfordern auch über das Projekt hinaus nachhaltigen Einsatz und weiterführende Kooperation in den beteiligten Regionen Friaul Julisch Venetien und Kärnten.  Damals hatte ich keine Erfahrung mit Interreg Projekten oder eine Idee über den zu erwartenden Einsatz und das erforderliche vielfältige Wissen. Entscheidend war der von Anbeginn charismatische Kollege des Lead Partners, Dr. Paolo Zucca, der als ehemaliger First Level Control – Koordinator das Wissen um ein Interreg Projekt mitbrachte und mich stark ermutigte.

BIOCRIME – das Team im Einsatz

 

Inwieweit hat der kooperative Ansatz des Projektes Ihre Organisation sowie Ihre Partner im positiven Sinn verändert?

Interreg Programme bieten die Möglichkeit, verschiedenste Organisationen und Strukturen auf europäischer Ebene kennenzulernen, mit ihnen zu kooperieren und einzigartige Erfahrungswerte zu sammeln. Durch die Corona-Pandemie, wechselnde politische Verantwortlichkeiten und das Auflösen der ursprünglichen Abteilung war jedoch Tatkraft, Durchhaltevermögen und eine noch engere Kooperation mit dem Lead Partner wesentlich. Mein Dank gilt den Regionalkoordinatoren des Amts der Kärntner Landesregierung für die Unterstützung und Starthilfe.

 

Gibt es als Beispiel eine bestimmte Lehre die Sie & Ihre Partner daraus gezogen haben?

Fachlich gesehen ist das Projekt großartig. Wir haben mit dem Lead Partner viele gemeinschaftliche erfolgreiche Aktivitäten durchgeführt und Konferenzen mit namhaften europäischen und internationalen Stakeholdern – COVID bedingt in online Form – organisiert. Die ausgezeichnete Zusammenarbeit zwischen Akteuren aus dem Bereich Human- und Veterinärmedizin ist hervorzuheben. Der Lead Partner mit seinem Mitarbeiter Dr. Paolo Zucca besitzt ein unglaublich großes Netzwerk, sodass wir viele Humanmediziner vor der COVID Pandemie über Zoonosen informieren konnten. Damit was das Projekt am Puls der Zeit, ein Vorreiter. Wir haben während einzelner Schulungen in Triest bereits 2017 die Verwendung von FPP2 Masken und den Umgang mit Sicherheitsausstattung gelehrt. Dieser sogenannte »one health« Ansatz d.h. kollaboratives, multisektorales und transdisziplinäres Arbeiten miteinander – um den globalen Gesundheitsbedrohungen entgegenzuwirken – ist zukunftsweisend und konnte mit dem Projekt dauerhaft auf grenzüberschreitender Ebene umgesetzt werden.

 

Was ist für die erfolgreiche Umsetzung des Projektes entscheidend gewesen?

Durchhaltevermögen, Flexibilität und Optimismus! Im Laufe der Projektumsetzung sind etliche Herausforderungen aufgetreten.

Im Projektverlauf führten oft kleinere Probleme zu Schwierigkeiten bei der administrativen Durchführung des Projektes (u.a. Publizitätsvorgaben, Programmregeln und schleppenden administrative Korrekturnotwendigkeiten). Mit vielen a priori trivialen Schwierigkeiten ist man u.a. als Projektverantwortlicher im komplexen Regelwerk bei der Förderabwicklung regelmäßig konfrontiert. Auch im Bereich von Schulungen wurden nicht immer genügend geeignete Teilnehmer gefunden – auch aufgrund von kurzfristigen, gesundheitlichen Ausfällen des Personals des federführenden Projektträgers. Dabei konnten nicht alle direkt beitragenden juristischen Expertisen für das Projekt zeitgerecht einfließen bzw. diese mussten unter größerer Anstrengung im Nachhinein ergänzt werden.

Eine INTERREG-spezifische Herausforderung ist die Abrechnung der Kosten im IT-System COHEMON, da einerseits bestimmte Programmregel zu beachten sind, andererseits aber auch weil man sich mit dem Tool selbst vertraut machen muss. Die Finanzberatung durch eine kompetente externe Firma hat in diesem Zusammenhang den Prozess extrem erleichtert.

Entscheidend war dennoch, dass in Summe alle Lösungen zu den gestellten Herausforderungen einen wertvollen Lernprozess erzeugt haben und alle Projektbeteiligten gemeinsamen daran wachsen ließen.

 

Wenn Sie einem mit EU-Programmen unerfahrenen oder unentschlossenen Projektträger einen Ratschlag geben dürften, wie würde dieser lauten?

Ein wesentlicher Entscheidungsfaktor für die Teilnahme an einem INTERREG Projekt sollte der Lead Partner sein. Seit Anbeginn des Projektes ist der italienische Lead Partner mit seinem Team freundschaftlich, familiär mit allen Partnern in Verbindung getreten. Damit konnte neben dem ständigen fachlichen Austausch und einhergehenden freundschaftlich-persönlichen Treffen die Projektzusammenarbeit intensiviert werden und tiefgreifendes Vertrauen dadurch entstehen. Nur so kann eine gedeihliche Zusammenarbeit über drei Jahre für alle Projektpartner möglich gemacht werden. Dennoch muss genau abgewogen werden, ob genug Zeit- und Personalressourcen für die Umsetzung eines Interreg Projekts zur Verfügung stehen. Darüber hinaus ist ein breiter Konsens für die durchzuführenden Projektinhalte und die einhergehenden zeitlich-gebundenen Arbeitsressourcen besonders in der eigenen Arbeitseinheit von wesentlicher Wichtigkeit.

 

Welches Wortspiel beschreibt für Sie am besten die grenzüberschreitende Kooperation in Kärnten mit Italien im Hinblick auf die kommenden 7 Jahre?

Die gemeinsame Bewältigung von Herausforderungen stärkt den Zusammenhalt!